Immaterielle Produktion

(Kunstproduktion und Kopfarbeit)

 

1. Was für den Markt produziert wird, ist Ware

Nicht jede Ware wird kapitalistisch durch Ausbeutung von Lohnarbeit produziert.

Bei der nichtmateriellen Produktion, selbst wenn sie rein für den Austausch betrieben wird, also Waren produziert, ist zweierlei möglich:

1. Sie resultiert in Waren, Gebrauchswerten, die eine von den Produzenten und Konsumenten verschiedene selbständige Gestalt besitzen, also in einem Intervall zwischen Produktion und Konsumtion bestehen können, ... wie bei Büchern, Gemälden, kurz, allen Kunstprodukten, die von der Kunstleistung des ausübenden Künstlers verschieden sind.

Hier ist kapitalistische Produktion nur in sehr beschränktem Maße anwendbar, soweit z. B. ein Schriftsteller zu einem gemeinschaftlichen Werk Enzyklopädie z. B. eine Masse anderer als Handlanger ausbeutet.

Es bleibt hier meistens bei der Übergangsform zur kapitalistischen Produktion, dass die verschiedenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Produzenten, Handwerker oder Professionelle, für ein gemeinschaftliches Kaufmannskapital der Buchhändler arbeiten, ein Verhältnis, das mit der eigentlichen kapitalistischen Produktionsweise nichts zu tun hat und selbst formell noch nicht unter sie fällt. Dass in diesen Übergangsformen die Ausbeutung der Arbeit gerade am größten, ändert nichts an der Sache.

2. Die Produktion ist nicht trennbar von dem Akt des Produzierens wie bei allen dienstleistenden Künstlern, Rednern, Schauspielern, Lehrern, Ärzten, Pfaffen etc.

Auch hier findet kapitalistische Produktionsweise nur in geringem Umfang statt und kann der Natur der Sache nach nur in einigen Branchen stattfinden.

Z. B. bei Unterrichtsanstalten können die Lehrer bloße Lohnarbeiter für den Unternehmer der Unterrichtsanstalt sein, wie derartige Unterrichts-fabriken zahlreich in England existieren. Obgleich sie den Schülern gegenüber keine produktiven Arbeiter sind, sind sie es ihrem Unter-nehmer gegenüber. Er tauscht sein Kapital gegen ihre Arbeitsvermögen und bereichert sich durch diesen Prozess.

Ebenso bei Unternehmungen von Theatern, Vergnügungsanstalten usw. Dem Publikum verhält sich hier der Schauspieler gegenüber als Künst-ler, aber seinem Unternehmer gegenüber ist er produktiver Arbeiter.

Alle diese Erscheinungen der kapitalistischen Produktion auf diesem Gebiet sind so unbedeutend, verglichen mit dem Ganzen der Produktion, dass sie gänzlich unberücksichtigt bleiben können. K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 385f.

 

Anmerkung: Seit Karl Marx dieses schrieb, haben sich etliche Änderungen ergeben:

a. Durch die Erfindung moderner Speicher- und Reproduktions-techniken (Radio, Fernseher, Filmrolle, Tonband, Schallplatte, Diskette, DVD etc.) hat die Bedeutung der materiellen Kunstproduktion, die greifbare Waren produziert, indem sie Kunst reproduziert, enorm zugenommen, auch wo die immaterielle Produktion als Urproduktion noch ihre Basis bildet. Bei dieser Reproduktion von Kunst spielte Lohnarbeit von Anfang an die vorherrschende Rolle.

b. Kunst wird zunehmend, wie geistige Arbeit generell, unter kapitalistischen Bedingungen produziert, d. h. mit dem Zweck, durch Ausbeutung von Lohnarbeit Profit zu produzieren ( Radio, Fernsehen, Musical, Filmindustrie etc.).

 

2. Geistige Arbeit als Lohnarbeit

Die selbständigen Architekten, Ingenieure, Erfinder, Buchautoren, Sänger usw. gehören alle zur vorkapitalistischen und vorindus-triellen Produktionsweise. Es sind tradi-tionelle Warenproduzenten, die ihr Produkt als Ware verkaufen.

Siehe auch den Artikel: Selbständige

 

Sofern Kopfarbeiter als bezahlte Lohnarbeiter ihre Arbeitskraft verkaufen, sind sie Teil der dem Kapital unterworfenen Lohnarbeiterklasse auch wenn sie zu einem besser bezahlten Teil gehören.

Alle intellektuellen Arbeiten, die direkt in der materiellen Produktion konsumiert werden, schloss Marx ganz wie A. Smith, natürlich ein in die Arbeit, die sich fixiert und sich realisiert in einer käuflichen und austauschbaren Ware ... Nicht nur der direkte Handarbeiter oder Maschinenarbeiter, sondern Aufseher, Ingenieur, Manager, Commis (= Geschäftsführer) etc., kurz die Arbeit des ganzen Personals, das in einer bestimmten Sphäre der materiellen Produktion nötig ist, um eine bestimmte Ware zu produzieren, dessen Zusammenwirken von Arbeiten (Kooperation) notwendig zur Herstellung der Waren ist. In der Tat fügen sie dem konstanten Kapital ihre Gesamtarbeit hinzu und erhöhen den Wert des Produkts um diesen Betrag. K. Marx, Theorien über produktive und unproduktive Arbeit, MEW 26.1, 134.

 

An anderer Stelle erklärt Marx ebenso unmissverständlich: Mit der Entwicklung der spezifisch kapitalistischen Produktion wo viele Arbeiter an der Produktion derselben Ware zusammenarbeiten, muss natürlich das Verhältnis, worin ihre Arbeit unmittelbar zum Gegenstand der Produktion steht, sehr verschieden sein.

Z. B. die ... Handlanger in einer Fabrik haben nichts direkt mit der Bearbeitung des Rohstoffs zu tun. Die Arbeiter, die die Aufseher der direkt mit dieser Bearbeitung zu tun Habenden bilden, stehen einen Schritt weiter ab; der Ingenieur hat wieder ein andres Verhältnis und arbeitet hauptsächlich nur mit seinem Kopfe etc.

Aber das Ganze dieser Arbeiter, die Arbeitsvermögen von verschie-denem Werte besitzen, ... produzieren das Resultat, das sich ... in Ware oder einem materiellen Produkt ausspricht; und alle zusammen ... sind die lebendige Produktionsmaschine dieser Produkte, wie sie, den gesamten Produktionsprozess betrachtet, ihre Arbeit gegen Kapital austauschen und das Geld der Kapitalisten als Kapital reproduzieren, d. h. als sich verwertenden Wert, sich vergrößernden Wert.

Es ist ja eben das Eigentümliche der kapitalistischen Produktionsweise, die verschiedenen Arbeiten, also auch die Kopf- und Handarbeiten oder die Arbeiten, in denen die eine oder die andere Seite vorwiegt, zu trennen und an verschiedene Personen zu verteilen, was jedoch nicht hindert, dass das materielle Produkt das gemeinsame Produkt dieser Personen ist oder ihr gemeinsames Produkt in materiellem Reichtum vergegenständlicht; was andererseits ebenso wenig hindert oder gar nichts daran ändert, dass das Verhältnis jeder einzelnen dieser Personen das des Lohnarbeiters zum Kapital und in diesem eminenten Sinn das des produktiven Arbeiters ist. Alle diese Personen sind nicht nur unmittelbar in der Produktion von materiellem Reichtum beschäftigt, sondern sie tauschen ihre Arbeit unmittelbar gegen das Geld als Kapital aus und reproduzieren daher unmittelbar außer ihrem Lohn einen Mehrwert für den Kapitalisten. Ihre Arbeit besteht aus bezahlter Arbeit plus unbezahlter Mehrarbeit. K. Marx, Theorien über produktive und unproduktive Arbeit I, MEW 26.1, 386f.

 

Siehe auch die Artikel:

Produktive und unproduktive Arbeit

Hand- und Kopfarbeit

 

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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.